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Vollständige Version anzeigen : an einem Lagerfeuer



Boscyk
24.06.2004, 13:33
Es war ein sehr lauer Abend und der Wind strich leise über die Ebene.
Boscyk , Alven und Kinath saßen um das Lagerfeuer herum, an dem sie sich ihr Abendsessen in Form eines kleinen Rehs zubereitet hatten. Sie ließen das Feuer nicht zu weit herunterbrennen, nicht um sich daran zu wärmen, sondern um die umher streifenden Raubtiere vom Lager fernzuhalten.
Die drei Gefährten der Draco'Cors hatten die Sicherheit der Dracofeste verlassen, um in den naheliegenden Wäldern wichtige Rohstoffe zur Herstellung von Tränken und der Verarbeitung von Leder und Tuch zu sammeln. Zugleich nahmen sie die Gelegenheit war, einige Tiere zu erlegen und so die Fleischvorräte aufzustocken und die abgezogenen Felle mitzunehmen. Diese Felle sollten zu Leder verarbeitet werden, welches Boscyk dringend für die Herstellung von Rüstungen brauchte.
Da die Suche sie weiter von Quenos entfernt hatte als ursprünglich geplant, waren sie gezwungen die Nacht in der Wildnis zu verbringen und erst am nächsten Tag den Rückweg anzutreten.
Boscyk löste die Riemen seines Brustharnisch, da dieser doch sehr stramm saß und beim sitzen etwas zwickte.
Dann griff er hinter sich und holte aus seinem Bündel einen Lederbeutel gefüllt mit bestem Met.
Boscyk hatte immer einen Schlauch Met dabei wenn er Quenos verließ.
Er öffnete den Beutel, nahm einen kräftigen Schluck, und reichte ihn an Kinath weiter.
'Hier nimm einen kräftigen Schluck Kinath, das erfrischt und spült den Staub aus der Kehle.'
Kinath ergriff den Schlauch, blickte ihn zögernd an und setzte ihn vorsichtig an die Lippen. Er nahm einen zaghaften Schluck und reichte den Schlauch weiter an Alven.
Dieser blickte angeekelt erst den Schlauch, dann seine beiden Gefährten an.
'Wir Dunkelelfen trinken solches Gebräu nicht. Es ist ekelhaft und vernebelt die Sinne. Wie soll man im Vollrausch seinen Geist konzentrieren und kämpfen?'
Er schüttelte vorwurfsvoll den Kopf als er sah, wie Boscyk den Schlauch wieder an sich nahm und einen weiteren, kräftigen Zug Met hinunter stürzte.
'Lasst mich Euch eine Geschichte erzählen. Eine Geschichte von einfältigen Gesellen, die als Helden loszogen und in Spott und Schande zurück kehrten. Diese Geschichte soll Euch zeigen wie schmal der Grad zwischen Heldentat und scheitern ist.'
Als weder Boscyk noch Kinath einen Einwand erhoben, sondern im Gegenteil ihre geweckte Aufmerksamkeit zeigten, fuhr Alven fort.
'Es geschah vor nicht allzu langer Zeit, da machte sich eine Truppe verwegener Gestalten aus Freeport auf, um einen legendären Schatz zu bergen. Einen Schatz der so groß sein sollte, dass man sich den Reichtum gar nicht vorstellen konnte.
Viele Gerüchte rankten sich um diesen Schatz. Es hieß es handele sich um die Mitgift einer Prinzessin die auf dem Weg zu ihrer Hochzeit von Räubern überfallen und verschleppt worden sei.
Andere wiederum behaupteten, der König einer wohlhabenden Stadt habe sich mit dem Vermögen der Stadt und dem Staatsschatz an einem geheimen Ort versteckt, um diese vor einer umherziehenden Meute von Plünderern zu verstecken. Als er nach einiger Zeit das Versteck verließ und seine Stadt niedergebrannt, und die Stadtbewohner und die Königin gemeuchelt fand, war er so verzweifelt, dass er sich mit seinem Schatz in dem Versteck lebendig begrub und seither er und seine Leibwache als lebende Tote diesen Schatz bewachen.
Welche dieser Geschichten der Wahrheit entsprach, oder ihr auch nur annähernd nahe kam, wusste niemand zu sagen.
Viele hatten sich vorher schon vergebens auf die Suche gemacht, doch diese Gruppe ließ sich durch den Misserfolg der Anderen nicht abschrecken. Sie hatten etwas, das keine der Vorgängergruppen hatte. Sie hatten einen sehr genauen Plan, der sie direkt zum Schatz führen sollte. Woher dieser Plan stammte wusste nur einer der Gruppe. Der Zauberer, der den Gefährten nicht verraten wollte, woher er den Plan bekommen hatte. Diese vermuteten, dass es etwas mit dem geheimnisvollen alten Buch zu tun hatte, in dem der Zauberer immer dann blätterte wenn er sich unbeobachtet fühlte. Sicher waren sie sich allerdings nicht. Im Grunde war es ihnen auch einerlei, Hauptsache war der Plan zum Schatz.
Es geschah nun, dass sich die Gruppe ihrem Ziele näherte und noch einmal ihr Lager aufschlug um zu rasten und bei Tagesanbruch sollten sie losziehen das Versteck des Schatzes zu erreichen.
Die Stimmung im Lager war gut, heiter, ja fast überschwänglich. Und wie es in diesen Kreisen üblich war, wurden Krüge mit Met und anderen berauschenden Getränken in der Runde gereicht. Die Abenteurer waren sich ihrer Sache so sicher, sie feierten bereits ihren Reichtum. Zügellos und ausgelassen, so als ob gerade eine entscheidende Schlacht gewonnen worden sei. Der Zauberer hielt sich anfänglich zurück, wurde aber dann doch von seinen Gefährten angesteckt und ergab sich ebenfalls der Vorfreude. Ein folgenschwerer Fehler, wie sich herausstellen sollte.'
Alven umschloss bei diesen Worten seinen Zauberstab fester. Ganz offensichtlich zog ihn die Geschichte in ihren Bann. Mehr als man es von einer Geschichte, die man sich am Lagerfeuer erzählt, denken sollte. Sollte dies mehr als nur eine Geschichte sein? War es vielleicht Erinnerung? Boscyk konnte es nur vermuten, Alven hatte bisher nicht berichtet wie er zu den Draco'Cors gekommen war und was er vorher erlebt hatte.
'Die Stimmung im Lager der Abenteurer wurde immer ausgelassener,' nahm Alven wieder den Faden der Geschichte auf, 'und selbst der Zauberer erlag dieser Ausgelassenheit. Was sollte auch schon passieren, man hatte in ausreichender Entfernung des Verstecks das Lager aufgeschlagen, und schließlich gab es ja noch die Wachen. Diese würden sofort Alarm geben falls sich eine Gefahr dem Lager nähern sollte. Was also sollte schon passieren.'
Alven lächelte dunkel und ironisch, fast verächtlich.
'Man konnte hinterher nicht mehr genau sagen wie es geschah. Ob die Wachen eingeschlafen waren, oder ob Verrat im Spiel war. Wie auch immer, plötzlich stand eine Horde wilder Orks im Lager der Abenteurer und griff an.
Einige wurden direkt in ihren Decken erschlagen, andere konnten noch ihre Schwerter ziehen und in den Kampf eingreifen. Eine Chance jedoch hatten sie nicht. Viele waren betrunken und konnten kaum auf ihren Beinen stehen, andere waren in Panik. Es wurde ein Gemetzel. Allein der Zauberer hätte die Situation retten können. Er besaß Wissen über sehr starke Zauber, die die Orks hätten zurück schlagen können, oder zumindest so sehr verwirren, dass sich die Gruppe hätte neu formieren können. Doch durch den Rausch benebelt war auch er verwirrt und suchte lange vergebens sich zu konzentrieren. Als ihm dies halbwegs gelang, suchte er einen schwachen Punkt der Orks auszumachen, um diese in größtmögliche Verwirrung zu stürzen. Alles dauerte so unendlich lange.'
Alvens Stimme war bei der Schilderung der Schlacht immer dunkler und rauer geworden.
'Endlich entdeckte der Zauberer den Anführer der Orks. Es musste der Häuptling oder Schamane des Orkstammes sein, da er in einen Umhang gehüllt war, der aussah wie die Haut eines Drachen. Der Zauberer erkannte, dass dies der schwache Punkt der Angreifer war. Konnte er ihren Anführer mit einem Zauber außer Gefecht setzen, dann war der Ausgang des Kampfes wieder offen. Er begann mit der Ausführung eines Zaubers, doch es fiel ihm schwer sich zu konzentrieren. Immer wieder musste er Teile der Beschwörung erneut ausführen und einige Male den Zauber von neuem beginnen. Dies war dem Orkschamanen nicht entgangen. Er entdeckte den Zauberer und begann sofort damit, einen Angriffszauber gegen den Zauberer zu sprechen. Im Gegensatz zum Zauberer der Abenteurergruppe war der Orkschamane im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte. Den Zauberer traf die volle Wucht des Orkzaubers und stieß ihn in einen dunklen Abgrund.'
Alven stoppte abrupt in seiner Erzählung. Es schien sich ein leichter Schweißfilm auf seiner Stirn gebildet zu haben, ganz so, als ob er den Kampf selbst führte und nicht nur davon erzählte. Doch das konnte auch eine Täuschung im Schein des herunterbrennenden Lagerfeuers sein. Weder Boscyk noch Kinath hatten im Banne der Geschichte daran gedacht, Holz auf das Feuer zu legen.
'Und?', fragte Kinath 'Was passierte dann?'
Alven hob den Blick und sah seine Gefährten an. 'Was geschah dann?!' Sein Blick kehrte sich nach innen.
'Was dann geschah weiß niemand zu berichten. Ein Teil der Abenteurergruppe, die in Panik aus dem Lager geflohen waren, fand sich am nächsten Morgen in der Nähe des Lagers zusammen. Keiner von ihnen hatte den Mut, sich dem Lager zu nähern. Die Scham, an die eigene Feigheit erinnert zu werden, war zu groß. Sie machten sich auf den Rückweg nach Freeport und wurden dort unter großem Gespött begrüßt. Wie hatten sie sich vor ihrer Abreise gebrüstet und nun kehrten sie geschlagen zurück. Geschlagen nicht alleine durch die Orks, sondern vielmehr durch eigene Dummheit und Überheblichkeit.
Was mit dem Zauberer geschehen war, konnte niemand herausfinden. Eine weitere Gruppe, die sich auf den Weg gemacht hatte um die Toten zu bergen, und natürlich auch den Plan zum geheimnisvollen Schatz, fand viele Leichen. Geplündert und verstümmelt durch die Orks. Doch weder von dem Zauberer, noch von der Karte oder dem geheimnisvollen Buch fand sich eine Spur.'
Die Stimmung am Lagerfeuer der Gefährten Draco'Cors knisterte am Ende von Alvens Erzählung vor Spannung. Keiner wagte es laut zu atmen, der Metschlauch lag achtlos neben Boscyk am Boden und keiner verspürte Durst nach Met.
Boscyk nahm einen dünnen Ast, stocherte in der Glut des Lagerfeuers und versuchte es wieder in Gang zu setzen. Nach einiger Zeit gelang es ihm und irgendwie löste sich die Spannung durch das erneute Auflodern des Feuers. Dennoch war keinem nach Lachen oder weiteren Geschichten zu Mute. Der Metschlauch wanderte, ohne wieder geöffnet zu werden, zurück in Boscyks Gepäck. Die Gefährten rollten sich in ihre Decken und legten sich zum schlafen nieder.
Am nächsten Morgen wollte es keiner zugeben, aber alle hatten eine unruhige Nacht verbracht, in der jeder aufmerksam lauschte, um anschleichende Orks rechtzeitig zu hören. Kinath und Boscyk fragten sich natürlich, wer denn der geheimnisvolle Zauberer gewesen sein könnte. Vielleicht war es .Alven selbst, oder einer seiner Gefährten aus früheren Tagen. Doch Alven schwieg sich zu diesem Thema aus, und weder Boscyk noch Kinath wollten ihn direkt fragen. Sie ahnten wohl, dass sie keine Antwort auf diese Frage bekommen würden.
Die Gefährten machten sich auf den Rückweg nach Quenos und konnten auf dem Weg ihre Vorräte weiter auffüllen. Als sie ankamen waren ihre Bündel prall gefüllt und die Unternehmung konnte als voller Erfolg angesehen werden.