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Vollständige Version anzeigen : [Gewinnspiel] Jonathon



Der Barde
05.11.2004, 02:59
Jonathon rang nach Atem und der Schmerz brachte ihn zum Taumeln. Mit der letzten verbliebenen Kraft zog er sich aufs Pferd und hoffte, dieses möge den Weg allein finden.

„Nach Hause, Alter Junge“ war da letzte was seine Lippen flüsterten, bevor ein tiefer Schlaf ihn übermannte. Alter Junge wusste was zu tun war und er zog los, in Richtung Westen.

Er kannte den Weg genau. So oft in den letzten Jahren ritten er und Jonathon über dieselben Pfade, dieselben Hügel und dieselben Wiesen.

Alter Junge? Er schnaubte ein wenig beleidigt. Wer von ihnen war der „Alte Junge“?
Er hatte Jonathon heranwachsen sehen, miterlebt wie der Jüngling seine Ausbildung meisterte, den Eid des Nife ablegte und er war dabei, als Jonathon seinen ersten Auftrag als Templar, im Dienste des obersten Heilers antrat. Er durfte miterleben wie die ersten Knospen der Liebe sich öffneten und Jonathon mit Sheerana vor Rodec Nife traten, um ihrer Liebe den Segen des obersten Heilers zu geben. Wie diese Liebe die ersten Früchte trug und Nefiala, dann Enoshan und zuletzt Halumath die ersten Schritte in die Welt taten.

Und er musste miterleben, wie Jonathon von heute auf morgen zu einem alten Mann wurde, an dem Tag als Nefialas Erstgeborener den Gnollen in die Hände fiel.

An dem Tag war er, wie so oft, mit mir unterwegs um das Leid zu lindern, dass Lucan D’Lere’s ausgeschickte Meute über das Land brachte. Übermüdet und wie immer unzufrieden mit sich selbst, weil er nicht alle retten konnte, lenkte er mich Richtung Heimatstadt. Doch schon vor den Stadttoren kam uns Leutnant Sermont mit drei seiner Leute entgegen. Die Gesichter blickten auf den Boden als Sermont uns grüßte „Nife sei mit Euch, Bruder Jonathon! Das Schicksal meint es nicht gut mit Euch, in dieser ohnehin schon schweren Zeit.“ Nervös scharrte ich mit der Hufe im Kies und dann gab Jonathon das Zeichen zum Galopp. Nassgeschwitzt und dampfend kam ich vor unserem Hof zum Stehen und spürte das Zittern in Jonathons Händen und Beinen, als er sich aus dem Sattel hob.

Es vergingen Stunden und der Morgen graute am Himmel, als Jonathon mich in den Stall führte. Sein Gesicht war blass und unter den geröteten Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab. Sein Gang war schleppend und er wirkte so unsäglich müde. Müde des Kämpfens, müde des Widerstandes, müde das Elend und Leid zu ertragen dass D’Lere zu verantworten hatte. So stand er vor mir, ein gebrochener Mann mit gebrochenem Herz.

Nur wenige Sommer waren dem kleinen Giron gegönnt gewesen, bis die Gnolle seinem jungen Leben ein Ende setzten.

Früher waren die Gnolle ein lästiges Übel, dass die Frucht auf den Feldern raubte und vielleicht ein paar Hühner aus den Ställen erbeutete. Doch was hatte D’Lere aus ihnen gemacht? Sklaven seines Hasses. Reichtum und Macht, sowie die Herrschaft über Nord- und Süd Quenos hatte er ihnen versprochen. „Hah! Wem hatte er das nicht versprochen? Diese Schwachköpfe!“ Als Gegenleistung mussten sie ihm stillschweigend als sein Werkzeug dienen, die Einwohner Quenos schwächen und ihnen jegliches Hab und Gut rauben. Die Mittel und Wege dazu konnten nicht grausam genug sein, um seine Gelüste an Gewalt zu stillen. Er selber konnte so mit weiser Weste vor die Freihafener treten und seine Unschuld an all den Toten vor den Toren Quenos bekunden. Sich selbst loben und preisen, dass nur durch seinen Schutz, die Gemeinde der Freihafener von den Machenschaften der Gnolle verschont bliebe.

Jonathon machte nie unterschiede, wenn er Wunden pflegte und Verbände wechselte, wenn er Salben aufstrich oder Eichenrindenextrakt, unter Kräutertee gemischt, verabreichte. Ihm war es nicht wichtig auf welcher Seite dieses Krieges jemand verwundet wurde. Jedem ließ er dieselbe Sorgfaltspflicht zukommen. Und die Verwundeten schätzten seine Dienste.

Doch sooft schon wurde er in eine Falle gelockt. Straßenbanditen, die sich im Dickicht versteckten und einen der Ihren auf die Strasse legten, um den Eindruck zu erwecken hier hätte jemand Hilfe nötig. Doch Jonathon wusste um diese Gefahren und oftmals roch er eine Falle schon 20 Pferdelängen vorher. Und wenn er tatsächlich einmal arglos in eine Falle zu tappen schien, dann musste ich nur stehen bleiben, aufgeregt mit den Nüstern schnauben, vielleicht noch ein wenig mit den Vorderbeinen tänzeln und Jonathon entnahm dem, dass es hier nicht mit rechten Dingen zuging.

Doch heute konnte nicht mal ich ihn warnen. Er wurde zu einer alten Hütte in den Bergen gerufen und eine steile, schmale Treppe führte die Bergwand nach oben. Er band mich unten an einem Holzzaun an und verabschiedete sich mit den Worten: „Ich bin nicht lange weg. Alter Junge. Auch in Zeiten wie diesen werden Kinder geboren und die Aufgaben eines Templars sind vielseitig.“ Der lange Tag lag schon schwer auf seinen Schultern und sichtlich erschöpft stieg er die steile Treppe nach oben.

Ich knabberte an einem der Äpfel, die im Grase verteilt lagen, und freute mich an dem Gedanken bald im warmen Stall zu stehen. Plötzlich spürte ich Magieströme, deren Richtung ich nicht deuten konnte. Unruhig wanderte mein Blick durch die einbrechende Dämmerung, doch ich konnte nicht erfassen aus welcher Quelle diese Magie strömte. Ich zog kräftig die Luft durch die Nüstern und erfasste den Geruch einer dunklen Macht. Was ging hier vor sich? Ich musste es herausfinden. Ich bäumte mich auf, meine Hufe knallte gegen den Holzzaun und Holzsplitter flogen durch die Luft. Der Gestank der schwarzen Magie wurde intensiver und mischte sich mit dem Geruch der weißen Magie.

Jonathon! Ich musste eine Möglichkeit finden zu ihm zu gelangen. Aufgeregt galoppierte ich auf die Steintreppe zu, doch meine Hufen fanden darauf keinen Halt und ich stürzte. Ich zwang mich zur Ruhe und versuchte nochmals die Treppe zu erzwingen. Ein schier unmögliches Unterfangen, doch wenn ich Jonathon noch retten wollte, musste ich diese Steinstufen bezwingen. Es gab keine andere Möglichkeit. Oder vielleicht doch?

Ich hielt einen Moment inne, und ein berstender Schmerz durchzog meine Flanken. Dann öffnete ich meine Flügel und erhob mich um mit sicherer Hufe vor der Hütte zu landen. Meine Vorderbeine trommelten nur kurz gegen die alte Holztüre, als diese mit einem lauten Krachen nachgab und auf den Fußboden im Haus knallte.

Jonathon saß in einer Zimmerecke. Ich konnte im ersten Moment nicht ausmachen woher das Blut kam, dass den Fußboden, seine Rüstung und seine Hände überzog. Eine Frau saß wimmernd im Bett und stammelte unverständliche Laute. In ihren Armen hielt sie ….

Ich traute meinen Augen kaum! Nein das war keins der Wesen die ich bisher jemals zu Gesicht bekommen hatte. Ein Schweif wie ein Drache, den Kopf von einem Warzenschwein, die Beine mit Hufen wie ein Zentaur, an den Händen Krallen so lang und messerscharf, dass es einem Angst und Bange werden könnte. Die Haut war dunkel wie der Waldboden aber schuppig wie ein Fisch. Die Frau hielt das tote Wesen schreiend in die Höhe und schickte Flüche zu allen Göttern die ihr gerade in den Sinn kamen. Ich sah es ihr nach, als sie auch meinen Namen erwähnte. Doch meine Aufmerksamkeit musste nun Jonathon gelten, der sichtlich schwer verletzt in der Zimmerecke kauerte.

„Es war sein Sohn, sein Sohn, sein Sohn“ murmelte er unentwegt. „Lucan D’Lere’s Sohn“.
Das war also das wahre Gesicht D’Lere’s. Jeder ging davon aus dass D’Lere aus der Rasse der Menschen abstammte. Also nur eine weitere Lüge, die er der Welt unterjubelte.

„Alter Junge, bringt mich nach Hause, ich bin müde. D’Lere konnte mich heute nicht vernichten, doch er wird es wieder versuchen. Sein Sohn kam tot zur Welt und er wird nicht eher ruhen, bis dass er dafür Rache an mir genommen hat.“ Als er sich erhob sah ich das Rinnsal Blut, das aus dem Brustpanzer seiner Rüstung quoll und als ich ihm in die Augen sah, wusste ich, es bleibt mir nicht viel Zeit. Sodann breite ich meine Flügel erneut aus. Sheerana würde wissen was zu tun ist um ihn nicht zu verlieren. Denn seine Zeit ist noch nicht gekommen, darüber waren wir Götter uns alle einig. Er ist der Auserkorene und er wird D’Lere heute nicht das letzte mal begegnet sein.

Frupus Fruchtpudding
05.11.2004, 09:42
Täusche ich mich, oder...:
http://img116.exs.cx/img116/4091/Jinathon.jpg
Ist die Story am 5.11.2004 entstanden, also nach Einsendeschluss?
^^

Aber gefällt mir sehr gut :D

Der Barde
05.11.2004, 12:57
Hi,

freut mich das sie Dir gefällt.

Da Einsendeschluss am 5.11.2004 um 12:00Uhr ist, sofern ich mich nicht verlesen habe, ist die Story noch rechtzeitig abgeliefert worden.