in den kanälen, die man die trübwasserkanäle nennt brauchte man 3 dinge, um als mitglied der dort ansässigen ratonga-banden zu überstehen: gerissenheit, flinkheit und kraft. ein blick auf die trüben augen des dürren ratongamädchens reichte, um zu erkennen, dass diese keines von alledem ihr eigen nannte.
ihr vater, irgendein ratonga, der einst das silberstück bezahlt hatte, dass ihm die gunst ihrer mutter erkauft hatte war ihr unbekannt und ihre mutter selbst, nun älter und aufgezehrter bekam kaum noch eine hand voll kupfer für ihre zeit. das essen war spärlich und selten und in der sozialen hackordnung stand diese familie tiefer als der dreck in den tunneln. Dennoch war das mädchen, dass sich selbst den namen niffie gegeben hatte, denn es scherte sich niemand sie anzurufen zu zäh, aufzugeben. Viele ihrer geschwister hatten die ersten wochen nicht überstanden und niemand außer ihr war über das kleinkindalter hinausgekommen. ein kleiner sieg, der auf ihrer einzigen stärke beruhte, ihrem unbrechlichen überlebenswillen, ihrer sturheit, ihrem festen willen.
niffie war verzückt vor freude und blickte sich verstohlen um. eine fette, saftige nacktschnecke schleimte sich an einer tunnelwand entlang. selbst sie könnte eine nacktschnecke fangen und es würde helfen, das bedrohliche knurren in ihrem magen zu besänftigen. ein lautes knallen, niffie wendet den kopf, ihr kopf summt noch von der schallenden ohrfeige, und sie will sehen, wer dies war. niemand dort. als sie sich wieder der schnecke zuwendet, ist diese verschwunden und aus den schatten hört sie das böse kichern eines ihrer artgenossen. schneller als sie, gewandter und überlebensfähiger.
ihr hunger wird durch die demütigung noch beissender und stolpernd schleppt sie sich durch tränennasse augen blinzelnd zurück in richtung ihres baus, zurück zu ihrer mutter, die vielleicht ein paar tröstende worte, oder zumindest einen bemitleidenden blick für sie bereithalten würde.....
.....doch heute sollte ihr nicht einmal dieser kleine trost zuteil werden. als sie all ihre tränen geweint und all ihren kummer empfunden hat, beginnt sie ihre situation einzuschätzen. allein würde sie keine woche mehr zu leben haben. wer auch immer ihre mutter getötet hatte, hatte damit auch niffie dem sicheren hungertod überantwortet. nachdenklich betrachtet sie die dünnen gliedmaßen derjenigen, die einst, als sie noch lebte, die einzige war, die sich noch ein wenig um sie gekümmert hatte. sie befühlt die herausstehenden rippen und ihr langsames gehirn beginnt zu arbeiten. ....naja, vielleicht für 2-3 wochen könnte sie ein wenig satt werden.....
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