Düster treibt der Wind dunkle Regenwolken vor sich her. Er zerrt hier und da an den Gebilden, doch der Regen lässt noch auf sich warten.
Die Ebene liegt wie verlassen da, nur ein Zelt steht einsam an einer Felswand. Der Sturm zerrt an den Büschen und die Spannseile ächzen unter der Belastung.
Eine Gestalt nähert sich dem Zelt, der Weg führte wohl über die karge Landschaft. Etwas Unförmiges baumelt an einer Seite der Person, das jedoch kaum die Anmut der Bewegung beeinträchtigt.
Langsam nähert sich das Wesen, wohl bedacht, keinen Lärm zu verursachen. In Anbetracht des wütenden Sturmes wohl eher ein unbewusstes vielleicht angelerntes Verhalten. Vor dem Zelt hält die Gestalt inne. Sie breitet die Arme aus und der Wind fängt sich in der weiten Kleidung.
Die entfesselte Kraft des Sturmes bläht das Kleidungsstück und verdreifacht den Umfang der Gestalt. Kurz bevor die Kapuze heruntergeweht wird, dreht sich die Person und huscht in das Zelt.
Im Zelt ist es ruhig. Ein Feuer flackert ruhig in einer Ecke, daneben sitzt ein alter Mann, der in eine Schriftrolle vertieft ist. Leise murmelnd rezitiert er immer wieder Worte, die einer alten Sprache anzugehören scheinen.
Rrrashida streift die Kapuze von ihrem Kopf und nimmt den Hasen von ihren Gürtel ab. Dann zieht sie die Robe aus und legt sie sorgfältig gefaltet zu ihren anderen Sachen, die ordentlich in einer Ecke des Zeltes stehen.
Während sie den Hasen häutet, ausweidet und über dem Feuer grillt, schweifen ihre Gedanken ab.
Sie erinnert sich an die Zeit vor ihrer Lehre, an ihre Kindheit. Fröhliches Lachen hallt durch ihren Kopf, wird aber gleich durch angstvolle Momente abgelöst. Ihre Mutter hatte sie, wie es Tradition ist, im fünften Sommer nach ihrer Geburt in den Tempel gegeben. Dies konnte sie lange nicht verwinden, vor allem, da der Alltag im Tempel soviel härter und entbehrungsreicher war. Ein Lachen bahnt sich seinen Weg, sie unterdrückt es jedoch mühelos.
Lange Jahre sind vergangen, sie hat viel gelernt und wurde in die Lehren des Tempels eingeweiht.
Ein b*****es "Wo bleibt mein Essen?" reisst die Kerranerin aus ihren Gedanken. Rasch füllt sie das gegrillte Fleisch, das sie geschickt von den Knochen abgelöst hat, in eine Schale und reicht diese dem Mann.
Während der Weise das Fleisch verzehrt trinkt die Kerra etwas Wasser, das sie in einem Krug mit sich führt. Es ist geweiht, das einzige, was sie zur Zeit zu sich nehmen darf.
Der Mann wischt sich die fettigen Lippen an seinem Ärmel ab. "Obwohl Du eine Kerra bist, kannst Du ausserordentlich gut kochen!"
Anstatt sich ob des Lobs geehrt zu fühlen, kocht innerlich die Wut bei Rrrashida hoch. Sie, eine Priesterin des Undarrr, musste als Küchenmagd für einen senilen Magier herhalten!
Doch sie bezwang diese Gedanken und Gefühle und nickte nur leicht.
Der Alte hatte wohl das Aufbegehren bemerkt, doch er schweigt.
Dann muss sich die Kerra neben ihn setzen, oh er weiss, wie ungern sie das tut! Doch ihm bleibt nicht mehr viel Zeit und es gibt noch soviel, was er weitergeben muss. Wissen von alten Dingen, die sonst keiner mehr kennt...
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