Moin,
Ich beziehe mich mit dem folgenden Text auf die aktuellen Statistiken über die Entwicklung der aktiven Abonnentenzahlen aller größeren MMORPGs, welche auf der Seite http://www.mmogchart.com/ zu finden ist. Ich gehe natürlich davon aus, dass die dort dargelegten Daten der Wirklichkeit entsprechen.
Im folgenden frage ich mich, wie eine derart krasse Entwicklung auf dem MMORPG-Markt möglich ist, dass WoW bis heute so extrem weit an der Spitze vor allen übrigen MMORPGs liegt, ohne dass es in der ganzen Zeit zu einer Angnäherung der anderen MMORPGs an diesen Erfolg gekommen wäre.
Sicherlich kann man sich damit abfinden, dass EQ2 vermutlich seine Fangemeinde gefunden hat und sich immer noch mehr als genug für SOE rentiert, dennoch scheint es so unglaublich, dass trotz des faktisch geringen Qualitätsunterschiedes zwischen WoW und EQ2, WoW über 50% des gesamten Marktanteiles für sich verbuchen kann, während EQ2 mit lächerlichen 1,4% aufwartet.
Ist es tatsächlich lediglich dem gewieften Marketing der Macher von WoW zu verdanken, dass sich ein derartiger Hype auf dieses Produkt entwickeln konnte? Wenn dies so ist, wie konnte es dann passieren, dass die Konkurrenz über den langen Zeitraum bis heute nicht in der Lage war, auch nur ansatzweise zu diesem Erfolg aufzuschließen. Gerade Sony sollte doch über genügend Ressourcen verfügen und auch in ausreichendem Maße gewinnorientiert sein, um mit Hilfe von verstärkten Werbemaßnahmen ein größeres Stück an den Marktanteilen zu bekommen.
Ausserdem zeigt die Entwicklung auf ganz anderen Märkten, dass neuartige Produkte immer nur solange Innovationsgewinne einfahren, bis die Konkurrenz das Erfolgskonzept nachahmt. Bei EQ2 kann man diesen Prozess wohl darin sehen, dass viele gute Features von WoW im Nachhinein kopiert wurden. Trotz dieser Weiterentwicklungen, durch die EQ2 meiner Meinung nach WoW mindestens doch gleichwertig geworden ist, ist ein Angleichen an die steile Erfolgskurve von WoW nicht mal im Ansatz geschehen.
Aber vielleicht funktioniert die erfolgreiche Vermarktung von MMORPGs anders als bisher angenommen. Schließlich handelt es sich bei MMORPGs um einen noch weitgehend neuen Markt, deren Nischendasein in der Spielebranche auch erst durch das Erscheinen von WoW beendet wurde. Auch scheinen es andere Mechanismen zu sein, die diesen Markt bestimmen. Womöglich liegt es an der Art und Weise, wie sich die Kunden in diesem Markt für ein Produkt entscheiden. Zum einen hat die Welt von WoW eine lange und bekannte Vorgeschichte, weshalb sich viele Käufer aufgrund der Vertrautheit oder dem Bekanntheitsgrad für dieses Produkt entschieden. Viele die auf diese Weise zum ersten Mal mit MMORPGs in Berührung kamen, werden zudem noch in ihrem Bekanntenkreis viele von diesem einsteigerfreundlichen Spiel überzeugt haben. Dies war wohl der Anfang des Erfolges. Produkte die bereits Erfolg haben, locken in gewohnter Manier weitere Kunden an. Auch darf man nicht vergessen, dass es in der Natur von MMORPGs liegt, dass sie ihre Spieler über einen längeren Zeitraum an das Spiel binden. Vielleicht liegt in dieser Systematik der anhaltende, überdurchschnittliche Erfolg von WoW. Dennoch wundert es mich, dass es nicht mal in der Zeitspanne von ca. 1,5 Jahren, in denen es WoW nun schon gibt, der Konkurrenz gelungen ist, durch Marketingstrategien dafür zu sorgen, dass zumindest ein Teil der durch WoW gewonnenen neuen Spieler, auf die qualitativ gleichwertigen Konkurrenzprodukte ein wenig ausgeglichener verteilt wurde. Schließlich ist WoW auch dafür bekannt, dass man es sehr schnell durchgespielt hat, und es im Endgame nicht mehr wirklich viel Abwechslung bietet.
Vielleicht ist es jedoch die Ideologie hinter dem Produkt, welche die Spieler trotzdem bei der Stange hält. Die Ideologie läd das Produkt mit bestimmten Werten auf und spricht damit die Hoffnungen und Erwartungen der Kunden an. Sie vermittelt ihnen beispielsweise das Gefühl, immer wieder etwas Neues bieten zu können und das Spiel kontinuierlich weiterzuentwickeln. Eine solche Ideologie zu vermitteln, sollte insbesondere größeren und renommierteren Spieleschmieden leicht fallen, da der von der Zukunft träumende Kunde es ihnen am ehesten zutraut, den aktuellen technischen Fortschritt ins Spiel zu bringen und immer neue Inhalte ins Spiel zu integrieren. Gerade die WoW-Macher sollten mit ihren bisherigen Erfolgen und mit der Entwicklung einer epischen Geschichte, die sich nun schon konsequent über verschiedene Genres weiterentwickelt hat, bewiesen haben, dass sie dazu über alle Maßen in der Lage sind.
Es ist diese Ideologie, welche dem Spieler suggeriert, er hätte das Nonplusultra in diesem Genre gekauft. Gleichzeitig verhindert diese Einstellung, dass der Spieler auch mal in andere MMORPGs reinschaut. Warum sollte man noch etwas anderes ausprobieren, wenn man bereits das Beste hat?
Wenn dies der Grund für diese, wie ich finde, unverdiente Unausgewogenheit zwischen den Marktanteilen ist, glaube ich, dass nur grundlegende spieltechnische Innovationen und Marketingmaßnahmen, welche allen Zielgruppen eine durchschlagende, verheißungsvolle und epische Erfahrung suggerieren, dazu in der Lage sind, WoW den Rang abzulaufen.
Vielleicht konnte ich zur Diskussion anregen.
Gruß Lucranes
Lesezeichen