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Thema: Die letzte Reise

  1. Standard Die letzte Reise

    "Hm, das habe ich mir hier aber anders vorgestellt?!".

    Umnachtung stand mitten in den orkischen Öden - in seinem Rücken der Schutzwall, der die Docks vor den Zugriffen der Orks wenigstens vorrübergehend abschirmen sollte. Die Landschaft in seiner näheren Umgebung sprach eine deutliche Sprache und erzählte unüberhör-und sehbar die Geschichte eines Landes, das von Krieg und Leid geprägt war, seitdem diese Kreaturen eingefallen waren.

    Nachdem sich der Rattonga von dem Anblick aufgespießter Elfen und anderer Wesen, beziehungsweise was von ihnen übrig geblieben war, erholt hatte, atmete er tief durch und zog einen kleinen Zettel aus seiner Robe, auf dem handschriftlich etwas vermerkt war. Die Handschrift erinnerte an die eines Arztes: hätte es Umnachtung nicht besser gewusst, hätte er tatsächlich vermutet, das es allein für die Entzifferung eines solchen Gekrakels bei der Akademie der arkanen Wissenschaften einen eigenen Studiengang geben würde.

    Glücklicherweise hatte er zwei Jahre damit zugebracht, sich in Publikationen des Urhebers dieser ungewöhnlichen Schrift zu vertiefen. Die ersten 1 1/2 Jahre hatte Umnachtung benötigt, um einen ungefähren Plan davon zu bekommen, wie das Alphabet dieser Person wohl aussehen müsste und welcher Logik es folgt. Ein weiteres halbes Jahr später stellte der Rattonga dann fest, dass es sich bei dem Buch um ein Kochbuch gehandelt hatte und er eigentlich nur Zeit vergeudet hatte.

    Er kratzt sich am Kopf als er den Zettel versuchte zu entziffern, nach mehreren Minuten angestrengten Überlegens war er sich allerdings relativ sicher, das die Übersetzung ungefähr folgende Wörter ergab:

    "Mysterien arkaner Wissenschaften, Band 1"

    Der Besitzer dieser wohl einzigartigen Handschrift, ein Gnom namens Kensmi Rotatorriss, hatte dem Rattonga - der ständig auf der Suche nach guten Büchern war - empfohlen, mit den Feen beim Druidenring in Zek zu sprechen und sie nach eben diesem Buch zu fragen. Angeblich enthielt es sogar einige Formeln, die sonst nur den mächtigsten Magiern Norraths bekannt waren. Wie hätte Umnachtung da widerstehen können?

    Er stopfte den Zettel wieder in seine Robe, orientierte sich kurz und ging dann frohen Mutes los - immer darauf bedacht keine Aufmerksamkeit zu erregen. Doch wie es nunmal auf langen und beschwehrlichen Märschen ohne jegliche Begleitung ist, vertiefte sich Umnachtung mehr und mehr in seine Gedanken.

    "'Verpiss dich - geh nach Hause', hat er gesagt. 'Geh da hin wo es sicher is und dir nichts passiert', hat er gesagt. 'Bevor du dir weh tust' ...". Der Rattonga seufzte, doch die Enttäuschung die sich in ihm in diesem Moment breit machte, wich innerhalb weniger Atemzüge purem Zorn.

    "Was denkt der eigentlich wer er i...". In diesem Moment fiel Umnachtung ein Wegweiser ins Auge. Er studierte ihn und machte dann kehrt, um den richtigen Weg zum Druidenring einzuschlagen. Nach mehreren Stunden stupidem Einen-Fuß-vor-den-anderen-setzen erreichte der Rattonga endlich sein Ziel: das Bauwerk war verfallen und von verdörrten Pflanzen überwuchert, aber dennoch hielten sich in seiner Nähe nach wie vor die Feen auf, die - so hatte er es verstanden - bereits seit Urzeiten als Wächter dieses speziellen Druidenringes galten.

    Zwar war sich Umnachtung darüber bewusst, dass sie einem Fremden nicht unbedingt ohne Vorbehalte begegnen würden, aber glücklicherweise hatte er den Trumpf im Ärmel, dass sein Bruder ein Zornesdruide war - obwohl er diesen nur im absoluten Notfall ausspielen würde.
    Normalerweise wäre ihm Unwohl geworden, wenn er einer Gefahr - ob sichtbar oder unsichtbar - ausgesetzt wurde. Aber in diesem Fall war es anders, als sich der Rattonga vorsichtig, Schritt für Schritt, den hell schimmernden Wesen näherte. Was ihn noch mehr verwunderte war die Tatsache, dass sie ihn zwar bereits bemerkt hatten, aber im gegenüber keinerlei feindliche Reaktion zeigten. Stattdessen schwebten sie still auf dem Fleck, bevor eine der Feen schließlich das Wort erhob, noch während Umnachtung zögerlich näher kam.

    "Seid gegrüßt, Bruder."

    Der Rattonga blieb stehen und legte seinen Kopf verwundert schief.

    "Bruder? Also ... eigentlich funktioniert das so rein techn...".

    Die Fee, die soeben gesprochen hatte hielt ihn dazu an, seine Ausführungen nicht fortzusetzen.

    "Einer eurer Brüder dient der Natur. Das verbindet ihn und uns, und somit auch euch und uns.".

    Umnachtung nickte ein wenig verwirrt. Als der Sprecher der Feen bemerkte, dass eine Antwort wohl auf sich warten lassen würde, setzte er fort.

    "Was führt euch zu uns? Mir scheint, ihr habt etwas auf dem Herzen?".

    "Ähm, ja ... also ich habe einen Tipp bekommen, dass ihr eventuell in Besitz eines Buches sein könntet, das mich vielleicht interessiert.". Der Rattonga zog den Zettel heraus und wollte ihn gerade der Fee übergeben, aber diese hob schon die Hand um ihm damit zu zeigen, dass sie genau wusste, um welches Buch es sich handeln würde.

    Sie winkte einen anderen Artgenossen herbei und flüsterte ihm etwas ins Ohr, worauf dieser schnell in Richtung des Nahen Druidenringes wegflog und hinter einer der massiven Steinsäulen verschwand. Der Sprecher wendete sich wieder Umnachtung zu und flüsterte.

    "Ihr müsst wissen - was ihr verlangt ist eine Schrift, die wichtiger ist als ihr euch vielleicht vorstellen könnt.". Der Sprecher legte eine kurze Pause ein, während sein Artgenosse mit einem relativ kleinem und unscheinbaren Buch zurückkehrte, dass er ihm zögerlich übergab.

    "Allerdings bringen wir euch das Vertrauen entgegen, dass ihr gut auf dieses Buch achtet.".

    Umnachtung nickte artig, ein verschmitztes Lächeln huschte über sein Gesicht. Die Fee reichte ihm das Buch in einer Art und Weise, als würde sie ein rohes Ei in Händen halten, dessen Schale bereits einen Riss hatte.

    "Ich danke euch - ich werde gut darauf aufpassen, versprochen.". Die Augen des Rattonga glänzten wie die eines Kindes, dass zu Weihnachten ein Geschenk auspackt und feststellt das es sich genau um das Spielzeug handelt, das es sich schon so lange gewünscht hatte.

    "Bitte bedenke, junger Rattonga. Wir werden euren Bruder über dieses Vorkommnis informieren und ihn darum bitten, ein Auge auf euch und euren Umgang mit dem Schriftstück zu werfen.". Eine taktisch klug gesetzte Pause sollte Umnachtung die Chance geben, sich diese Worte noch einmal genau durch den Kopf gehen zu lassen.

    "Sollten wir oder auch er jemals nach diesem Buch verlangen, so ist es eure Pflicht, es auszuhändigen.".

    Umnachtung nickte - das hatte er sehr genau verstanden. Er starrte auf den vermoderten und mit Furchen durchzogenen Ledereinband des Buches hinab und wunderte sich nun umso mehr, welches Geheimnis zwischen den Seiten verborgen liegen würde. Noch während sein Blick gedankenverlorenen über die Vorder-und Rückseite huschte, setzte der Sprecher der Feen fort.

    "Geh nun - und reist schnell. Die Nacht bricht bald herein.". Die Fee nickte gen Horizont, an dem die Sonne schon stief stand - bald würde Zek in ein warmes Abendrot getaucht sein. Und in einigen Stunden würde die Dunkelheit das Land übernommen haben.

    Der Rattonga verstaute das Buch gut und machte sich auf dem Weg zu den Docks. Er hatte, was er wollte und falls jemand gewaltsam versuchte, ihm dieses Buch zu entreissen, wüsste er sich schon zu wehren. Zwar bewegte er sich stets, sofern es möglich war, in den Schatten, versteckte sich vor den Orkpatroullien und war auf dem Rückweg allgemein noch ein Stück vorsichtiger, als auf der Hinreise.

    Aber dennoch, in einem Moment der Unachtsamkeit erblickte ihn ein einzelner Ork und stellte sich ihm in den Weg. Es war einer dieser Standardorks, die mit wütendem Blick und Sabberfäden, um die sie sogar ein Bernhardiner beneiden würde, irgendwelche Worte wie "Tod" und "Verderben" von sich gaben - ohne das ein richtiger Zusammenhang zwischen den einzelnen Worten durch einen Zuhörer hätte erkannt werden könne.

    Umnachtung konzentrierte sich auf dieses Hindernis, zog seinen Stab und ließ ein paar Funken aus dessen Spitze stoben - nichts wirklich Wirksames, aber für einen Gegner dennoch ein untrügliches Anzeichen, dass dieser es mit einem Magier zu tun hatte.

    Eigentlich hätte der Rattonga es hören müssen, aber seine Konzentration ließ ihn blind und taub für alle äußeren Einflüsse werden. Ein wuchtiger Stoß und ein stechender Schmerz in seiner Wirbelsäule ließen ihn zu Boden gehen - seine Beine und Füße gehorchten ihm nicht mehr, also griff er mit einem Arm hinter sich und fühlte den Pfeil, der ihn erwischt hatte. Hinterrücks und feige war er niedergestreckt worden. Eigentlich die Eigenschaften, die jeden Rattonga auszeichnen, aber gleichzeitig auch die Eigenschaften, mit denen er selbst sich nie richtig anfreunden konnte.

    Der Ork, der sich ihm in den Weg stellte, lachte laut auf und stapfte entschlossenen Schrittes auf ihn zu. Auch der Angreifer, der ihm den Pfeil in den Rücken gejagd hatte, kam - den Schrittgeräuschen nach zu urteilen - näher. Umnachtung stand unter Schock, er hörte sein eigenes Herz pochen und seinen schweren Atem.

    Als sich die Orks um ihn aufstellten, waren es allerdings nicht nur zwei, sondern vier. Sie spuckten Umnachtung ins Gesicht und machten Witze über ihn. In diesem Moment war der Rattonga froh, dass er kein orkisch konnte - oder nur sehr bruchstückhaft. Sein Herz pochte lauter und schneller, sein Atem verkam zu kurzen und schnellen Stößen, als einer der Orks - er trug die Rüstung eines Hauptmanns oder wenigstens eines hochrangigen Offiziers - ein mächtiges Schwert aus dem Schaft zog.

    Der Ork hob es mit beiden Händen über seinen Kopf und ließ es genießerisch auf Höhe von Umnachtungs
    Hals hinabsausen.

    Es wurde dunkel.

    .
    .
    .

    UMNACHTUNG?

    QUIEK!

    "Was ist passiert? Bin ich Tod?". Umnachtung öffnete die Augen und stand direkt vor den Orks, die ein wenig Schindluder mit dem leblosen Körper eines Rattonga trieben, der vor ihren Füßen auf dem Boden lag.

    NICHT DIREKT - ICH BIN TOD, DU BIST NUR NICHT MEHR AM LEBEN.

    QUIEK!

    Eigentlich hätte eine solche Aussage den Rattonga verwirren sollen, aber sie tat es nicht. Umnachtungs Verstand war klarer und funktionierte besser und zielgerichteter als jemals zuvor. Er drehte seinen Kopf und sah einige Schritte entfernt ein gut 2 Meter großes Skelett stehen, eingehüllt in ein schwarzes Gewand, mit einer mächtigen Sense in einer der knochigen Hände. Unter der Kapuze schimmerten zwei blaue Lichter, die gut hätten als angedeutete Augen durchgehen können.

    Am lose um die Hüfte gebundenen Gürtel baumelte eine Sanduhr herunter - alle Sandkörner waren bereits im unteren Bereich angekommen.

    "Du bist nicht die gehörnte Ratte, oder?".

    NEIN, DAS BIN ICH NICHT. DIE GEHÖRNTE RATTE IST ANDERWEITIG BESCHÄFTIGT - ICH HABE MICH BEREIT ERKLÄRT, DICH ABZUHOLEN.

    Auf der Schulter von Tod saß eine wesentlich kleinere Kreatur, ebenfalls mit einer schwarzen Robe bekleidet - die Sense, die sie trug war entsprechend der Größe natürlich wesentlich unbeeindruckender.

    QUIEK!

    Umnachtung nickte. Er starrte auf seinen geschundenen Körper herab, fühlte jedoch weder Zorn, noch Trauer, noch irgendetwas anderes.

    NUN KOMM, ES IST ZEIT ZU GEHEN.

    QUIEK!

    Tod streckte eine seiner knochigen Hände aus und legte sie auf Umnachtungs Schulter. Mit seiner Sense durchtrennte er das blaue, schwach leuchtende Band, dass seinen Körper und seinen "Geist" noch immer verband.

    "Wo gehen wir hin?".

    Umnachtung hätte schwören können, das er unter der Kapuze ein Lächeln ausmachen konnte. Obwohl jeder wusste, das Skelette zumindest die Angewohnheit hatten, prinzipbedingt ständig zu Grinsen.

    ICH ZEIG ES DIR. ES WIRD DIR GEFALLEN.

    Vor dem Rattonga tat sich ein helles Licht auf - so schön und warm wie er es noch nie erlebt hatte. Tod, der Rattentod und er durchschritten den Korridor und verschwanden vom Antlitz Norraths. Umnachtungs Zeit war abgelaufen. Die letzten Worte, die er sprach, bevor sich der Korridor hinter ihnen schloss, lauteten.

    "So schlimm war es ja gar nicht...".

    Umnachtung lächelte.

  2. Standard

    schnief
    die frau, die schneller tippt als ihre shift-taste

    Kontaktratte für: Ratongaraubzüge in, um und außerhalb von Freihafen

    Wenn Sie antreffen, gefallen jede weiteren Inspiel Ausgaben oder Frage dem Gefühl, das frei ist, ein neues einzureichen, etikettieren.
    SOE-Customer-Support, 2006

  3. Standard

    Ich bin beeindruckt.

  4. Standard

    *g* Da mag wohl wer auch den Rattentod von Terry Pratchett
    Na hoffentlich bekommen die Revisoren nie mit, dass es ihn noch gibt ;)

  5. Standard

    Eine sehr schöne Geschichte.

    TOD und Rattentod sind übrigens auch meine Lieblingscharaktere.


    RangGoon

  6. Standard

    Nhijks schniefte und wischte sich die Nase am Ärmel ab. In den Pfoten drehte sie einen staubigen Fetzen Stoff, der wohl einmal ein hübsches Halstuch gewesen war. Die kleine Rattonga starrte auf den Hafen, wo das Leben vor sich ging, als wäre nichts geschehen.
    Vor wenigen Stunden waren Abenteurer in die Tempelstraße gekommen und hatten den Rattonga ein paar Dinge gebracht, die Umnachtung gehört hatten - und die Nachricht von seinem Tod auf Zek. Nhijks hatte nicht lange hingehört, als sie schilderten, unter welchen Umständen er ums Leben gekommen war. Sie hatte das Halstuch stibitzt, dessen fransige Ecken aus dem Rucksack heraushingen und war weggelaufen.
    Sie trocknete die feuchten Augenwinkel mit dem Tuch und gab einen langen, tiefen, verzweifelten Seufzer von sich. Großgrüns starke Arme lagen um ihre Schultern, doch die Nähe ihres Freundes spendete ihr keinen rechten Trost. Noch nie im Leben war ihr das kleine Rattonga-Herz so schwer gewesen - nichtmal, als Niffie fortgegangen war.
    Nhijks betrachtete den Fetzen Stoff, stand auf und band ihn sich um den Hals. Sie stopfte die Hände in die Hosentaschen. Groß zu sein war wohl doch nicht so erstrebenswert, wie sie noch vor kurzem gedacht hatte. Sie schnuffelte und beschloß, das Erwachsenwerden noch ein wenig hinauszuzögern. So weit, wie es irgendwie möglich war.
    Der Hauptunterschied zwischen etwas, was möglicherweise kaputtgehen könnte und etwas, was unmöglich kaputtgehen kann, besteht darin, dass sich bei allem, was unmöglich kaputtgehen kann, falls es doch kaputtgeht, normalerweise herausstellt, dass es unmöglich zerlegt oder repariert werden kann. (Douglas Adams)


  7. Standard

    Einer der unseren hat die weltlichen Gestade verlassen.
    Wenig wussten wir über ihn und doch ist seine Herkunft
    Grund genug um zu trauern.
    Denn schliesslich und letztendlich war er eine Ratte.

    Wir vergessen nichts und wir sind viele.
    Eine Fee mag man oder auch nicht
    ...aber man muss nicht durch jedes
    Klo in Qeynos schwimmen um zu wissen was Scheisse ist.

  8. Standard

    (OOC: Rattentod ist absolut genial, keine Frage. Ich hab ihn allerdings an dieser Stelle nur eingebaut, weil er so schön gepasst hat . Ansonsten: Tod rockt das Haus, denn er ist der absolute genialste Charakter in der Scheibenwelt!)

  9. Standard

    Tilt lehnte in einer schattigen Ecke im Hafen an der Wand, ganz in der Nähe des massiven Tores, das nach Nord-Freihafen führt. Wie so oft waren seine Arme verschränkt, während er nachdenklich auf die Pflastersteine auf dem Boden vor sich starrte und offensichtlich völlig in sich gekehrt war. Bis auf seine relativ flache Atmung deutete keinerlei Anzeichen darauf hin, das es sich bei Tilt um ein lebendes Wesen handeln würde - viel mehr wirkte er wie das Werk eines Steinmetzes, der seiner Kreation im Nachhinein auch noch einen natürlich Farbanstrich verpassen ließ.

    Eigentlich war der Tag bisher ganz gut gelaufen. Der Rattonga hatte mehr Münzen durch Warenverkäufe abgestaubt, als die Waren selbst wert gewesen wären und nun hatte er eigentlich vorgehabt, sich langsam aber sicher ins Nachtleben von Freihafen zu stürzen. Ein paar Krüge Bier, etwas Deftiges zu beissen und die ein oder andere mehr oder wenige nette neue Bekanntschaft wären auf seinem Programm gestanden. Ein bisschen Zoff mit übermütigen Kerra oder bei Bedarf auch Trollen zum Ende hin hätten den Abend abgerundet.

    Aber nichts dergleichen sollte geschehen. Die Nachricht des Todes seines Bruders hatte ihm doch ein wenig zu knabbern gegeben, und offensichtlich nicht nur ihm. Aus dem Augenwinkel sah er in einigen Schritten Entfernung Nhijks an den Docks stehen - so fröhlich und aufgedreht wie sonst schien sie an diesem Tag nicht zu sein. Gedankenverloren verfolgte sie das Geschehen am Hafen und fingerte dabei an einem zerfetzen Tuch herum, das Tilt doch trotz allem sehr bekannt vorkam.

    Der Rattonga lächelte in sich hinein. Gerne wäre er zu ihr herübergegangen, hätte ihr auf die Schulter geklopft und sie ermuntert - egal was die Zukunft auch bringen mag. Aber er selbst wusste zu genau, das solche Worte meist "hohl" waren - für den Moment hätten sie Nhijks sicherlich aufgemuntert. Aber das, was sich ein ganzes Leben lang vor den Augen eines Einzelnen für sich genommen abspielt, können solcherlei Worte niemals abfangen. Nein, sie musste lernen damit umzugehen - und sie würde es lernen, da war er sich sicher. Sie war ein kluges Kind.

    Doch während er sie beobachtete, wie sie die Wellen anstarrte und auch den Sonnenuntergang, schluckte Tilt schwer. Seine Augen folgten ihren Bewegungen, so unscheinbar sie auch waren. Wie sie sich über die Nase wischte oder sich auch kurz an der Backe kratzte. Für einen Moment vergaß er, was ihm zu schaffen machte - schwerer zu schaffen, als er es jemals zugeben würde.

    Der Rattonga versuchte sich die Brille zurechtzurücken, wie immer - und wie immer bemerkte er, das sich das Metall des Bügels in seiner Schnauze festgebrannt hatte. Eine Sache, an die er sich nie gewöhnen konnte, obwohl es schon so viele Jahre her war das sein Bruder damit begann, sich mit der Kraft des Feuers auseinanderzusetzen und nicht nur ihm buchstäblich den Hintern versengte. Er erinnerte sich zurück, als Umnachtung damit begonnen hatte, sich mit seinen Büchern in ein stilles Kämmerlein zurückzuziehen und die Macht der Elemente zu studieren.

    Tilt grinste.

    Wie er das erste mal mit rußgeschwärztem Fell und wildem Rumgehuste aus genau diesem Kämmerlein herausstolperte und den Anschein machte, bald an einer Rauchvergiftung zugrunde zu gehen - keuchend und beinahe über die eigenen Füße stolpernd.

    Wie er mit dem ersten Feuerball, den er jemals beschworen hatte, beinahe die ganze Bude abgefackelt hat.

    Und wie er mit einer grell-weißen Stichflamme Tilt die Brille auf der Schnauze nahezu festgeschweisst hatte.

    Aber das alles war nun vorbei. Der Rattonga beobachtete, wie sich Nhijks am späten Abend an Bord des letzten Schiffes Richtung Tempelstraße schlich und sich trotz ihrer Trauer stets wie eine Rattonga verhielt. Stets aufmerksam, stets vorsichtig, stets "unsichtbar". Sie würde die Rattonga eines Tages stolz machen - da war er sich sicher.

    Tilt lächelte. Es war kein freudiges Lächeln, keines bei dem sich ein Gesprächspartner geborgen fühlen würde. Nein, es war ein Lächeln der Entschlossenheit - mit zusammengekniffenen Augen und einer Anspannung, als wolle er jeden Moment jemanden anfallen. Langsam und mit größtem Respekt zog er seine beiden Dolche aus ihren Schäften, drehte sie vorsichtig im Restlicht hin und her und grinste, als er den Entschluss fasste, seinen Bruder zu rächen.

    "Blut, Trauer.", es wirkte so als würde er mit eben diesen beiden Dolchen sprechen, "Ihr wart immer meine besten Freunde. Und jetzt brauch' ich euch mehr als je zuvor. Jetz' herrscht Krieg.".

    Mit diesen Worten steckte der Rattonga die Dolche weg und lief geradewegs in Richtung des Schiffs, dass sich schon bald in Richtung der Gemeinlande aufmachen und Tilt früher oder später in den orkischen Öden absetzen würde. Einige der Magier, oder auch anderer Geschöpfe, die des Wissens über das Okkulte mächtig waren, drehten sich aufmerksam lauschend in Richtung des vorbeischleichenden Rattongas. Für sie war es, als würden sie Worte tief im Inneren ihres Bewusstseins vernehmen - wie eine alles umfassende Antwort. Wie ein Befehl.

    Wir sind stets an deiner Seite. Wir passen auf dich auf.

  10. Standard

    /ooc Ah - Umnachtung, Du alte Ratte - wer soll denn jetzt mein zweiter Trauzeuge sein? Na warte, wenn ich Dich treffe, dann..ääääh...

    Traurig kickte Talk gegen einen Stein, der auf den verdreckten Strassen der Tempelstrasse lag und stiess sich dabei schmerzhaft den Zeh an. Vor einigen Tagen hatte er die Nachricht vom Tode seines Freundes Umnachtung bekommen. Worte konnten nicht beschreiben, wie sehr dieser Verlust den sonst so lebensfrohen, immer gutgelaunten Talk getroffen hatte. Wutentbrannt war er mit dem nächsten Schiff in die Orkischen Öden gefahren und hatte soviele Orks getötet wie er nur erwischen konnte. Doch auch dieser kurze Moment der Befriedigung durch Rache war verraucht, als Talk erkannte, das auch Tausend tote Orks Umnachtung nicht wieder zum Leben erwecken konnten.
    Nun schlich Talk mit hängenden Schultern und hängendem Kopf durch die engen Gassen der Tempelstrasse. Nicht einmal der Gedanken an Skneech konnte ihn aufmuntern - abgesehen davon hatte er sie seit einigen Tagen nicht mehr zu Gesicht bekommen.
    Talk fühlte sich müde. Soviele Freunde und Verwandte hatte er schon durch gewaltsamen Tod verloren - wie viele würden es noch werden? Manchmal hatte er den Eindruck dass das Leben zu schwer für einen kleinen Rattonga wie ihn war. Aber dann dachte er an die Freunde, die ihm noch geblieben waren, und an seine kleine Schwester Nhijks, die seinen Trost jetzt dringend brauchte. Der junge Rattonga seufzte tief auf.
    "Umnachtung", flüsterte er mehr zu sich, "wo Du auch sein magst: ich werde Dich nie vergessen. Ich hoffe, Du hast gefunden, was Du gesucht hast, und bist glücklich dort, wo Du jetzt bist. Wir sehn uns wieder, alter Freund". Kurzentschlossen zog Talk seinen Dolch - den er von Skneech geschenkt bekommen hatte - aus der Lederscheide, stach sich in den linken Zeigefinger und schrieb mit Blut folgenden Satz in rattongischer Sprache an eine Wand der Tempelstrasse: "Am Ende jeder Nacht steht ein neuer Tag". Er trat einen Schritt zurück, betrachtete sein Werk und nickte zufrieden. Wenn Umnachtung dort, wo er jetzt war, noch lesen konnte, würde er den Sinn sicher verstehen.
    Zufrieden, aber nach wie vor todunglücklich, lief Talk in Richtung Oonais Taverne, um vielleicht bei einem guten Schluck und einem freundschaftlichen Gespräch mit seinem Arbeitgeber Oonai seine Trauer in den Griff zu bekommen.
    Debugging is twice as hard as writing the code in the first place. Therefore, if you write the code as cleverly as possible, you are, by definition, not smart enough to debug it.

    Brian W. Kernighan

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