Hat SOE das Ziel erreicht: EQ2 für alle interessanter und besser zu machen und dabei Solospielern, kleinen Gruppen und Gruppen gleichermaßen zu berücksichtigen ?
Zuerst einmal möchte ich ein paar grundlegende Dinge beleuchten. Bei EQ2 handelt es sich um ein Spiel und dieses Spiel verfolgt einen bestimmten Zweck, der darin besteht, dem Anwender im Ausgleich für sein dafür gezahltes Geld Spannung und Spielspaß zu vermitteln. Um dies zu erreichen, kann ein Spiel - abgesehen von der Tatsache, daß es sich ja ohnehin um einen Spielinhalt aus dem Reich der Phantasie handelt - niemals wirklich ein Abbild der Realität sein. Jeder, der an seinem PC sitzt und ein Spiel spielt weiß (oder sollte zumindest wissen), daß es sich um eine fiktive Welt handelt, in der andere Gesetzmässigkeiten und Regeln gelten, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Mag die Welt dank moderner Technologie noch so realistisch anmuten, es wird immer grundlegende Unterschiede zur Realität geben (müssen).
Wer also damit argumentiert, daß es unrealistisch ist, wenn man auf ein Monster schlägt und es nicht treffen kann (weil der Kampf gesperrt ist), sollte sich vielleicht einmal überlegen, wie realistisch es dagegen ist, daß sich nur mein Trefferpunkte-Balken ein wenig nach unten bewegt, obwohl das Monster vor mir mit seinem Schlag eigentlich meinen Kopf oder Arm abgetrennt hätte, wieso ich nicht einmal blute, wenn ich mit den imposantesten Mordwerkzeugen geschlagen werde oder ich quicklebendig nach meinem Tod um die Ecke wiederauferstehe, wie ich ein Monster mit einem riesigen Bihänder völlig verfehlen kann, obwohl es wenige Zentimeter vor mir steht, wie aus einer klitzekleinen Schlange plötzlich eine megagroße Truhe herauskommt ... etc.pp. Bestimmte Regularien in der Spielwelt dienen dem Zweck das Spiel spielbar zu machen, den Spielspaß zu fördern oder dem Spieler Erfolgserlebnisse zu vermitteln - und das in aller Regel entgegen der Realität. Insofern sollte und kann Realismus kein Argument sein. Man nimmt als Spieler an einem solchen Spiel im Gegenteil eher deswegen teil, weil man gerade hier Erlebnisse haben kann, die weit über das hinausgehen, was realistisch möglich wäre.
Ein Faktor, der bei einem solchen Spiel eine Rolle spielt und berücksichtigt werden muß, ist die unterschiedliche Art und Weise, in welcher Spieler versuchen ihre Art von Spielspaß und Herausforderung zu finden. Da gibt es auf der einen Seite Spieler, die am liebsten mit anderen zusammen unterwegs sind, also gerne in Gruppen spielen. Solche Spielgruppen tendieren meiner Ansicht nach am ehesten dazu Herausforderungen in Kämpfen zu suchen, bei denen nur der gemeinsame Einsatz aller Mittel zum Erfolg führen kann. Die zweite Gruppe sind Spieler, die lieber alleine oder zu zweit, höchstens vielleicht einmal zu dritt losziehen. Unter ihnen sind wohl viele Entdecker und Questbegeisterte. Kampf ist (da zur Entwicklung des Charakters nötig) natürlich auch ein Thema, aber oftmals nicht das vorherrschende.
Ein zweiter Faktor ist die Zeit, welche die einzelnen Spieler im Spiel verbringen können und wollen. Hier reicht die Skala von absoluten Gelegenheitsspielern, der ein bis zweimal die Woche für eine Stunde spielt, bis hin zum Dauerzocker, der sein Spiel nur unterbricht, wenn er am PC einschläft oder der Server down ist.
Vor diesem Hintergrund möchte ich versuchen (aus meiner Perspektive) herauszustellen, was das Liveupdate #13 (eine Zahl, die abergläubische Leute natürlich aufhorchen lässt) gebracht hat.
War das Spiel bislang zu einfach ?
Bei diesem Punkt stossen mehrere Anliegen aufeinander. Zum einen steht der Anspruch des Spielebetreibers, die Spieler möglichst lange an sich zu binden, sein Interesse muss es also sein, das Vorankommen nicht zu schnell zu gestalten. Auf der anderen Seite steht das Interesse dees Spielers einen Erfolg für seine Bemühungen zu erhalten, also das Gefühl zu haben vorwärtszukommen, sich dem Endziel (inzwischen Level 60) zu nähern, um dort mit den vielen anderen mithalten zu können, die es auch schon geschafft haben und die "wirklich großen Dinge" machen können.
Das Spiel sei in seiner Form vor dem Update zu einfach, sagen viele Spieler. Es war zu schnell möglich, das Endspiel und den maximalen Level zu erreichen. Doch woran orientierte sich dieses zu schnell ? Sicher nicht am Solo-Gelegenheitsspieler, sondern eher an Spielern, die auch jetzt gerade - nach dem Update - wohl versuchen werden so schnell wie möglich 60 zu werden und eher zur Kategorie Vielspieler zählen. Hat eine Verschärfung der Situation also einen positiven Effekt auf die Gesamtheit ? Ich denke nicht, denn die Powerspieler werden auch jetzt noch in Rekordzeit leveln und die Wenigspieler nur noch langsamer vorankommen.
Die Änderungen durch das Kampfsystem gehen vor allem zu Lasten der Solo- und Kleingruppen. Kämpfer, die weniger Trefferpunkte besitzen, deren Rüstung weniger Auswirkung hat, die weniger Schaden machen und Heiler, deren Effektivität nach unten gesetzt wurden, stehen aufgewertete Monster, die nun mehr aushalten und kräftiger zuschlagen gegenüber. In einer Gruppe ist dies mit den richtigen Taktiken viel leichter auszugleichen als bei einem Solospieler, der eben nur seine eigenen Fertigkeiten zur Verfügung hat.
Nun kommt natürlich das Argument, daß Solospieler und Zweiergruppen auch gar nicht schaffen sollten, was eine gute Gruppe schafft. Und dieses Argument ist auch richtig. Es leuchtet ein, daß 6 Leute erfolgreich sein können, wo 2 Leute versagen (müssen). ABER - und hier ist der wirklich springende Punkt - dann sollten diese Solospieler und Minigruppen auch nicht gezwungen werden es zu versuchen !
Wie bitte ? Gezwungen werden ? Das ist ja lächerlich ! Leider nicht, denn auch die Solospieler wollen sich durch ihre Spielwelt bewegen, wollen das Land erkunden und ihre Quests machen können. Und gerade in diesem Punkt hat das LU#13 unfaire Nachteile ohne Ende gebracht. Plötzlich stehen viele vor dem Problem, daß Zonen, denen sie schon entwachsen waren, plötzlich wieder mit agressiven Kreaturen gefüllt sind UND diese Kreaturen darüber hinaus zum Teil so aufgewertet wurden, daß man einen Kampf mit ihnen verlieren muss. Questmonster, bei denen man zuvor vielleicht noch eine geringe Chance hatte, sie zu besiegen sind nun wohl unbesiegbar oder in Gebieten, in denen man aufgrund der umliegenden Monster keine Chance hat zu kommen.
Es ist einsichtig, daß eine Spielwelt für alle Arten von Spielern interessant sein sollte und ebenfalls einsichtig, daß es bei der extremen Spanne von Gelegenheits-Solospieler bis Dauerzocker-Gruppe nicht leicht ist. Aber es ist ja nicht etwa so, daß es keine Möglichkeiten gäbe. Zwei einfache Möglichkeiten, bei denen ich der Meinung bin, daß sie für alle gut wären und darüber hinaus sogar machbar erscheinen.
Möglichkeit 1 - ohne Dynamik
Die Spielwelt ist in ihrem Grunddesign darauf ausgelegt, daß sich ein Solospieler mit entsprechendem Level darin bewegen kann, ohne fürchten zu müssen - sollte er nicht zu wagemutig sein - an jeder Ecke zu sterben. Das hiesse grob in den Zonen von Anfang nach Ende hin aufsteigende Level der Monster, aber so angelegt, daß sie von Einzelspielern mit gleichem Level machbar sind. Damit wäre gewährleistet, daß sich alle Spieler in der Spielwelt bewegen können. Was natürlich fehlt, ist die Herausforderung für Gruppen. Dafür beginnt man in bestimmten Gebieten (aber nicht so völlig unmotiviert wie das bislang der Fall ist) aufgewertete Monster zu platzieren, die vielleicht ihrerseits noch einmal gestaffelt sind. Darüber hinaus fügt man Dungeons hinzu, deren Inhalt primär auf Gruppen abgestimmt ist, ein paar Zusatzgebiete für Solospieler und Minigruppen und ein bis zwei spezielle Gebiete für die ganz harten mit Extrem-Gegnern. Außerdem muss es natürlich auch eine ganze Menge mehr Quests geben, die für Solospieler gedacht und erfüllbar sind.
Wenn ich solo spiele weiß ich also, daß es bestimmte Gebiete gibt, die ich beser nicht aufsuche, während ich mich im übrigen Teil der Welt aber mit etwas Umsicht bewegen kann. Um das Gruppenspiel zu fördern, gibt es zusätzliche XP für die Gruppen, und zwar für die Spielergruppen und nicht für Monstergruppen. Jeder Spieler in der Gruppe könnte z.B. 5% XP-Bonus wert sein, so daß 6er-Gruppen die meisten Zusatz-XP bekommen.
Möglichkeit 2 - mit Dynamik
Das wäre die von mir bevorzugte Variante. Die Grundidee, die dahintersteckt ist, daß sich Gegner dynamisch der Gruppe anpassen. Das gleiche Monster hätte also, abhängig vom Angreifer, unterschiedliche Werte. Ein gelber Gegner wäre also gleichermassen für einen Solospieler, eine Zweiergruppe wie auch eine volle Gruppe eine Herausforderung und würde (ungeachtet der Bonus-XP für die Spielergruppe) auch die gleiche Zahl an Erfahrung bringen. Und die Belohnung in Form von drops könnte auf gleiche Weise angepasst werden. Bei größeren Gruppen verliert das Monster auch im Prinzip mehr. Damit könnte man eine erhebliche Menge an Problemen aus der Welt schaffen und keine Spielart wäre benachteiligt.
Grundsätzlich könnte man trotzdem noch gewisse Herausforderungen (in kleinerem Rahmen) schaffen (also Bereiche in denen eben besonders schwere Monster leben), das könnte aber viel subtiler geschehen.
Fazit
Das LU#13 hat für mich als Spieler, der gerne erkundet, Quests macht und in der Regel alleine oder zu zweit unterwegs ist, durch einige Änderungen schon deutliche Nachteile gebracht. Ich sehe durchaus die teilweise berechtigten Anliegen, die damit verfolgt werden, was ich nicht für notwenig erachte, ist jedoch, die vielleicht notwendigen Verbesserungen für die eine Seite durch mangelnde Kreativität zu Lasten der anderen Seite gehen zu lassen. Ich (und nur ich !) entscheide, wie ich dieses Spiel zu spielen gedenke. Ein anspruchvolles und dynamisches Spiel paßt sich diesen Vorgaben an, egal in welche Richtung sie gehen. Wenn es aber dazu kommt, daß ein Spiel mich soweit einschränkt, daß ich durch meine Spielweise einen erheblichen Teil des Inhaltes nicht mehr erfahren kann, und nur die Möglichkeit besteht, die eigen Spielweise zu ändern, um weiterzukommen, dann ist der Punkt erreicht, an dem man sich fragen muss, ob man noch das richtige Spiel spielt. LU#13 hat, bei mir zumindest, diese Frage im Moment ausgelöst.
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